Vom Zweck und Nutzen der Löcher
Meinen Bildern geht so etwas wie eine psychopoetische Idee voraus. Mit
welchen Mitteln diese Idee umgesetzt werden soll, ist vorher im Groben
angelegt: Das betrifft etwa die Vorstellung einer Farbigkeit, Dynamik
oder der psychischen Beschaffenheit des Raumes. Zuerst
werden die wesentlichen Merkmale des Raumes umgesetzt, bevor ein
organischer, lebendiger Gegenstand hineingemalt werden kann. Denn das
Verhalten des lebenden Organismus wird durch die Bildwelt bestimmt.
Anschließend kann der Raum auf den Körper erneut reagieren. Dadurch
entstehen auch unterschiedliche Zeitzustände in einem Bild. Ausnahmen
bilden bisweilen Mischgebilde und „metaphysische Körper“, wie z.B. der
Lazarus von 2012, der gleichzeitig mit dem Bildraum entstanden ist. |
Die erinnerten, psychisch beladenen Vorstellungen verschmelzen zu
einer neuen Einheit und es beginnt die Entstehung neuer Räume. Der
Mensch ist schließlich auch ein psychosebegabtes Wesen. Entscheidend
sind für mich bestimmte Gesetz- mäßigkeiten bei der Zusammensetzung der
Wahrnehmungen, z.B. ob der gemalte Gegenstand vielschichtige und
gemeinsame Erinnerungsreize auslösen kann. Manchmal füge ich an einer Stelle des Bildes einen einfachen, bekannten Gegenstand ein, um den Ausdruck der „erfundenen“ bildnerischen Mittel zu verstärken, indem zwei unterschiedliche Wahrnehmungsebenen aufeinandertreffen. Wie wenn man einen kratzigen Geigenton vor einen sanften setzt, um ihn noch sanfter erscheinen zu lassen. Und ein Loch, durch das Materielle bedingt, betont das haptische Außenherum und umgekehrt. Für manche stellt es einen Ausweg dar oder wieder eine neue Falle, für andere ein Geheimnis oder eine Pause. überhaupt spielen Löcher bei mir als gestalterisches Mittel eine wichtige Rolle. Plant man im Bildaufbau unvorhergesehene Löcher mit ein - seien sie geistiger oder formaler Natur – so wird zwangsläufig dort, wo sich ein Loch befindet, das Gemalte darüber entscheiden, ob das Bild gelingen wird. Sollte kein einheitliches Gefüge erreicht worden sein, so kann auf diese Weise direkt in die ursprüngliche Bildabsicht eingegriffen werden und etwas Überraschendes geschehen. Als kompositorischer Bestandteil wirken sie weiter als eine Form des Nonfinito. Somit kam ich auf die Idee für einen Ausstellungstitel: Vom Zweck und Nutzen der Löcher. ©2014 |